2022

07.04.2022 / Intel baut Megafabrik in Magdeburg

Halbleiterhersteller und Branchenriese Intel wird in Magdeburg investieren. Mit 17 Milliarden Euro ist es die größte Brancheninvestition in Deutschland seit Jahrzehnten. Für die Region Magdeburg bedeutet es mehrere tausend Arbeitsplätze in der Hightech-Branche und bei Zulieferern. Baubeginn ist im 1. Halbjahr 2023.

SO! sagt: Der Bau der Megafabrik wird von der Hoffnung nach Wohlstand und technischer Innovation begleitet, um endlich den „strukturschwachen“ Osten westdeutschen Verhältnissen anzunähern und zusätzlich Europa als starken Wirtschaftsstandort zwischen den USA und China zu erhalten. Dass der Konzern dazu milliardenschwere Subventionen fordert sowie seit dem Ende der Pandemie rote Zahlen schreibt und es darüber hinaus fragwürdig ist, ob eine Halbleiterproduktion bei der starken internationalen Konkurrenz profitabel ist, wird dabei schnell vergessen. Darüber hinaus ist das Versprechen eines generellen Zuwachses an Wohlstand mehr als fraglich, auch wenn Intel selbst vergleichsweise hohe Löhne zahlen wird. Denn die Löhne von Paketzusteller:innen oder Reinungskräften werden wohl nicht alleine durch die Ansiedlung steigen.


17.05.2022 / Hurra, hurra der Investor ist da

Der Chiphersteller Intel baut zwei Gigafabriken in Magdeburg – die Folgen für die Region sollten Linke unbedingt zum Thema machen.

SO! sagt: Nachdem die Nachricht über den Bau der Gigafabriken in Magdeburg im politischen und medialen Diskurs Euphorie und verheißungsvolle Versprechen auf enorme Bedeutungs- und Wohlstandszuwächse ausgelöst hat, liegt mit dem folgenden Artikel eine erste kritische linke Analyse des geplanten Projektes vor. Welche Rolle dabei die filialökonomischen Verhältnisse in Ostdeutschland für die geplante Ansiedlung spielen, erfahren Interessierte im Artikel.


06.06.2022 / Intel bekommt 6,8 Mrd. Euro an Subventionen für Fabrik in MD

Die knapp 7 Mrd. Euro die Intel an Subventionen für den Bau der „Megafabrik“ in Magdeburg verlangt, entsprechen in etwa 40% der geplanten Investitionssumme von 17 Mrd. Euro seitens des US-amerikanischen Konzerns.

SO! sagt: Staatliche Subventionen solcher Ausmaße verdeutlichen, dass es bei der Ansiedlungs Intels nicht nur um den Versuch der Prosperitätssteigerung geht, sondern auch – und vielleicht sogar insbesondere – geopolitische Interessen verfolgt werden. Die versprochenen Subventionen zeichnen sich als Teil einer Industriepolitik aus, die sowohl die Wettbewerbsfähigkeit von europäischen Produktionsstandorten als auch die „technologische Souveränität“ des EU-Binnenmarktes im Blick hat. Dies wird insbesondere deutlich, wenn man sich die aktuelle und prognostizierte wirtschaftliche Lage Intels vor Augen führt, die aktuell alles andere als rosig aussieht.


26.10.2022 / Auch die EU soll unterstützen

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat bei Gesprächen in Brüssel auf eine frühzeitige Förderung der Intel-Ansiedlung in Magdeburg gedrängt. So könnten bereits in diesem Jahr Milliardengelder fließen, um die Ansiedlung des Chip-Herstellers voranzutreiben.

SO! sagt: Neben den bereits versprochenen Förderungen durch Kommune, Land und Bund wird nun die EU ins Boot geholt, um das Megaprojekt von Intel in Magdeburg zu fördern. Der Anfang 2022 auf den Weg gebrachte „European Chips Act“ – das politische Konkurrenzinstrument zu den Subventionsprogrammen aus den USA und China – kommt dabei mehr als gelegen. Intel befindet sich bei diesem modernen Wettrüsten der größten Volkswirtschaften in einer recht komfortablen Situation, da sowohl Subventionen aus den USA als auch Europa winken.


18.12.2022 / Verwirrung um Baustart von Intel

Der Zeitplan für die Ansiedlung des US-Chipherstellers Intel in Magdeburg hat sich nach Aussage von Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) trotz anderslautender Medienberichte nicht verändert. „Die wöchentlichen Abstimmungen zu den verschiedenen Themen wie Bau, Versorgungsmedien, Zulieferer laufen unverändert weiter, pausieren lediglich über die Feiertage“, sagte sie am Wochenende. Es sei auch nicht erkennbar, dass Zeitketten stark verzögert würden.

SO! sagt: Das Intel-Image beginnt zu bröckeln. Nach verheißungsvollen neun Monaten, in denen die Euphorie um die Intelansiedlung ungebrochen sowie politische Verfahren im Schnelldurchlauf abgeschlossen werden sollten, mehrten sich Mitte Dezember Medienberichte, die den Start der Baumaßnahmen deutlich später als ursprünglich geplant ansetzten. Politische Akteur:innen auf Landes- und kommunaler Ebene versuchen das bröckelnde Image und die damit verbundenen Hoffnungen auf einen planmäßigen Baustart am Leben zu halten. Transparenz des weiteren Vorgehens auf politischer Seite wie der des Unternehmens bleibt hierbei weiterhin auf der Strecke. Gleichzeitig wird leichtfertig in Kauf genommen kollektive Unsicherheiten, verursacht durch die plötzliche erfahrene Massenarbeitslosigkeit in den Neunzigern, bei Nicht-Erfüllung der bisherigen Versprechen zu schüren.


2023

05.01.2023 / Intel-Förderung: Wirtschaftsminister Schulze fordert schnelleres Tempo

Die Diskussionen um den für 2023 erwarteten Baustart für die neue Intel-Fabrik bei Magdeburg gehen weiter. Nachdem immer noch nicht klar ist, wie die Förderung des Bundes für das Projekt aussehen soll, könnte sich das Vorhaben dem US-Konzern zufolge nun doch verzögern. Deshalb fordert Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) mehr Tempo bei der Förderung.

SO! sagt: 2023 beginnt für Intel wie es 2022 endete – wann der Bau der Ansiedlung startet ist unklar. Dabei scheint eines klar zu sein: Ohne garantierte Subventionen keine Ansiedlung. Am Beispiel Intels werden aktuelle Konflikte über die industriepolitische Ausrichtung der Ampelregierung sichtbar. Auf der einen Seite der Wunsch eines stärkeren Eingreifens des Staates, durch die Subventionierung des geplanten Baus – auch Staatsinterventionismus genannt. Auf der anderen Seite die Ablehnung dieser Subventionen, als klassische (neo)liberale Haltung, die auf die Regulierungskräfte des Marktes setzt. Dass sich der Staatsinterventionismus, getrieben durch SPD und Grüne, trotz heftigem Widerstand der FDP durchsetzt, wird erst Anfang Juni deutlich.


27.01.2023 / US-Chip-Hersteller tief im Minus: Neue Technologien sollen Wende bringen

Der US-Chip-Hersteller Intel machte im vergangenen Quartal einen Verlust von 664 Millionen Euro. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Schulze sieht Ansiedlung in Magdeburg aber nicht gefährdet.

SO! sagt: Die politischen Akteur*innen auf Landes- und kommunaler Ebene setzen trotz einer „der düstersten Geschäftsprognosen in der Firmengeschichte“ ungebrochen auf die Intelansiedlung. Dass Intel mit ihrer anvisierten Firmenpolitik eine höchst riskante Wette eingehen, indem sie auf sogenannte Cutting Edge Technologie setzen, bei der die Konkurrenz deutlich stärker aufgestellt ist, scheint die politischen Akteur*innen nicht zu beunruhigen.


14.02.2023 / Halbstark bei den Halbleitern

Im Wettstreit um die modernsten Chips will die EU gegenüber China und den USA aufholen. Doch ihr Versuch offenbart gefährliche blinde Flecken.

SO! sagt: Die geopolitische Strategie der EU, in Form des European Chips Act, steht auf tönernen Füßen, da sie nur eine Subbranche der Halbleiterindustrie in den Blick nimmt. Warum die Strategie eines europäischen Ökosystems so nicht aufgehen wird, ist im Artikel nachzulesen. Darüber hinaus stellt sich aber auch die Frage, was passiert, wenn das Projekt Intel weder geopolitisch „erfolgreich“ noch wirtschaftlich rentabel ist, worauf Prognosen vermehrt hindeuten.


19.06.2023 / Fast zehn Milliarden Euro Subventionen für Intel

Der Bund will den Bau der Intel-Chipfabrik in Magdeburg offenbar viel stärker staatlich fördern als zunächst geplant. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll der US-Konzern 9,9 Milliarden Euro erhalten.

SO! sagt: Die Subventionierung eines Unternehmens mit 10 Mrd. Euro ist nur vor seinem geopolitischen Hintergrund, den „Chips Wars“ zwischen den weltweit größten Volkswirtschaften, nachvollziehbar – denn bei circa. 3 Millionen Euro investierten Steuergeldern pro Arbeitsplatz entsteht selbst im Lager der bürgerlichen Ökonomie Kritik. Dass jedoch selbst der geopolitische Plan Wertschöpfungsketten blinde Flecken enthält, selbst also höchst spekulativ ist, wurde in dieser Chronik bereits thematisiert (s. 14.02.23 / Halbstark bei Halbleitern). Was bleibt also? Es ist zu erwarten, dass Intel – ähnlich wie Tesla oder Amazon – modernes Union Busting betreiben wird, die IG Metall als organisierte Interessenvertretung der Beschäftigten also nur schwer in den Betrieb gelangt. Ebenso ist zu erwarten, dass sich die Lage am Wohnungs- und Häusermarkt durch vermehrte Spekulationen verschärfen wird. Insgesamt keine rosigen Aussichten also, weder lokal noch global.


11.10.2023 / Intel Magdeburg könnte größter industrieller Wasserverbraucher Sachsen-Anhalts werden

Das Intel-Werk in Magdeburg wird ersten offiziellen Schätzungen nach Rekordmengen Wasser für die Produktion verbrauchen. Das Land rechnet mit 6,5 Millionen Kubikmetern Wasser im Jahr. Damit würde das Intel-Werk mehr verbrauchen als das Teslawerk in Brandenburg. Aus welchen Quellen das Wasser bezogen werden soll, ist noch unklar.

SO! sagt: Die Nachricht über die immensen Mengen an Wasser, die für die Chipproduktion jährlich anfallen, verdeutlicht zwei miteinander verschränkte Problemlagen der Ansiedlung Intels: Zum einen die mangelnde Transparenz seitens des US-amerikanischen Konzerns – denn die aktuellen Schätzungen sind nur auf Anfrage der Linksfraktion und Recherche der MZ an die Öffentlichkeit gelangt. Intel selbst veröffentlicht nach wie vor keine eigenen Angaben zum voraussichtlichen Wasserverbrauch. Zum anderen ist zu vermuten, dass sich die Verteilungskämpfe um das knappe Gut Wasser zwischen Landwirtschaft, Industrie und privaten Haushalten verschärfen werden. Insbesondere mit Blick auf die bereits bestehenden (aber auch geplanten) Ansiedlugen großer Techkonzerne, wie Tesla in Brandenburg oder denen von Infineon, Globalfoundries und Bosch in Sachsen, die allesamt große Mengen an Wasser benötigen.


15.11.2023 / Corona-Mittel dürfen nicht für Klimaschutz eingesetzt werden

Die Bundesregierung verstößt gegen das Grundgesetz, wenn sie nicht verbrauchte Corona-Hilfen für den Klimaschutz ausgibt. Das haben die Verfassungsrichter in Karlsruhe entschieden und gaben einer Klage von CDU/CSU statt. Die Regierung reagiert mit einer Ausgabensperre für den Klimafonds.

SO! sagt: Der Bundesregierung fehlen nun 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds, wovon ein Teil auch für die Subventionierung der Intel-Ansiedlung in Magdeburg vorgesehen war.
Dass keiner der Verantwortlichen so recht weiß, woher nun der fehlende Teil des Geldes für die Subventionierung genommen werden soll, liegt vor allem an der Schuldenbremse. Diese wird aber grundsätzlich von keinem Regierungsmitglied angezweifelt. Vielmehr ist zu befürchten, dass sich Ideen zum Schließen des finanziellen Lochs durchsetzen werden, die Einsparungen insbesondere bei den staatlichen Sozialausgaben vorsehen. Auch eine Finanzierung über Einnahmen aus einer CO2-Steuer scheint aussichtsreich zu sein. Eine solche Steuer zieht überproportional den Ärmeren das Geld aus der Tasche, weil sie einen größeren Anteil ihrer Einnahmen für den Konsum ausgeben müssen.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass aktive Industriepolitik und finanzpolitische Austerität – wenig überraschend – widersprüchlich sind. Die Ampelregierung, mit Finanzminister Lindner auf der einen und Wirtschaftsminister Habeck auf der anderen Seite, ist gewissermaßen das realpolitische Abbild der finanz- und wirtschaftspolitischen Konfusion der BRD.